Unabhängig von Wahlen und der Mitgliedschaft in einem Gemeinde- oder Stadtrat oder einem Kreistag, kann man sich politisch und verbindlich einbringen. Dafür gibt es verschiedene Instrumente, die in (fast) allen Bundesländern verbindlich in Gesetzen verankert sind.
Die Möglichkeiten wollen wir Dir mit den Beispielen Brandenburg, Sachsen und Thüringen zeigen.
Transparenz ist die Grundlage für Mitbestimmung. Nur wer weiß, wo es an Kita-Plätzen fehlt, kann etwas dagegen tun. Über welchen politischen Vorgang wolltest Du schon immer einmal mehr wissen? Welche Gutachten willst Du einsehen, welche Daten nachvollziehen?
In Thüringen und Sachsen gibt es ein Transparenzgesetz, das den Zugang zu Informationen erleichtern soll. In beiden Ländern befindet sich ein Transparenzportal im Aufbau. Hier kannst Du Informationen online finden. Einfach einen Suchbegriff eingeben und los geht es:
In Brandenburg gibt es leider noch kein Transparenzportal und auch das Transparenzgesetz muss noch weiterentwickelt werden. Trotzdem kannst Du auch hier Informationsanfragen stellen.Außerdem gibt es mit dem DatenAdler ein Open Data-Portal: https://datenadler.de/.
Hilfreich ist hierfür die Plattform „FragDenStaat“. Dort findest Du eine Auflistung verschiedener Verwaltungen, die man ansprechen kann. Die Anfrage kannst Du über ein fertiges Formular an die passende Behörde richten: https://fragdenstaat.de/
Du willst, dass sich der Ortschaftsrat, der Gemeinderat bzw. in Brandenburg die Gemeindevertretung, der Stadtrat bzw. in Brandenburg die Stadtverordnetenversammlung oder der Kreistag mit einem Thema auseinandersetzt? Dafür ist der Einwohnerantrag sehr gut geeignet. Es gibt ihn in Brandenburg (§ 14 BbgKVerf), Sachsen (§ 22 SächsGemO) und Thüringen (§§ 7ff. ThürEBBG).
Der Einwohnerantrag ist eine Unterschriftensammlung zu einer Sachfrage, die bestimmten formalen Kriterien entsprechen muss. Die Infos findest Du in den Gesetzen, Du kannst Dich aber zum Beispiel auch an Mehr Demokratie e. V. wenden (https://www.mehr-demokratie.de/beratung/buergerbegehren).
Nach einem erfolgreichen Einwohnerantrag muss sich die politische Vertretung, also der Ortschaftsrat, Gemeinderat, Stadtrat oder Kreistag, in einer öffentlichen Sitzung mit Deiner Frage beschäftigen. Dazu wirst Du offiziell angehört. Die Vertretung muss Deinem Anliegen aber nicht zustimmen, kann es auch einfach ablehnen. Aber es ist dennoch eine gute Gelegenheit, Dein Anliegen zu einem Thema der Kommunalpolitik zu machen. Bitte beachte, dass sich der Einwohnerantrag nur auf Angelegenheiten beziehen darf, die im eigenen Wirkungskreis der Gemeinde liegen, also Sache der Gemeinde sind.
In keinem anderen Bundesland ist es leichter, einen Einwohnerantrag auf den Weg zu bringen als in Thüringen. Für einen erfolgreichen Antrag müssen lediglich ein Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner bzw. maximal 300 der Einwohnerinnen und Einwohner unterschreiben. Unterschriftsberechtigt sind alle Einwohnerinnen und Einwohner einer Gemeinde, auch Jugendliche ab 14 Jahren und Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Deshalb ist der Einwohnerantrag ein vergleichsweise inklusives Instrument der politischen Partizipation.
In Sachsen und Brandenburg sind die Hürden mit 5 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner leider höher. Hier darf man auch erst ab 16 Jahren unterschreiben.
Du willst, dass sich der Gemeinderat, Stadtrat oder Kreistag mit einer Frage befasst – und dass, falls er nicht zustimmt, alle Bürgerinnen und Bürger in einem Bürgerentscheid über die Frage verbindlich abstimmen? Dann ist das Bürgerbegehren das richtige Instrument.
Für ein Bürgerbegehren müssen nach formalen Bedingungen Unterschriften gesammelt werden. Auf diese Weise lässt sich belegen, ob die Bevölkerung über ein Anliegen selbst abstimmen möchte. Daneben gibt es weitere rechtliche Voraussetzungen. Sie betreffen auch Fristen, Themen und Vorgaben für die Unterschriftenliste. Mit einem Bürgerbegehren können auch vom Gemeinderat gefasste Beschlüsse zurückgeholt und noch einmal zur Abstimmung gestellt werden. Dazu müssen Sie das Bürgerbegehren allerdings fristgerecht bei der Gemeinde einreichen.
Für ein erfolgreiches Bürgerbegehren müssen in Thüringen mindestens 7 Prozent der Stimmberechtigten unterschreiben. Stimmberechtigt sind die Menschen, die auch an einer Kommunalwahl teilnehmen dürfen. Thüringen hat die bundesweit besten Regeln für Bürgerbegehren. Dort sind übrigens Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auch in Ortsteilen und Ortschaften möglich. Es gibt auch ein eigenes Gesetz für Bürgerbegehren, das ThürEBBG – auch das ist bundesweit einmalig.
In Sachsen wurden die Hürden für Bürgerbegehren 2022 gesenkt. Mittlerweile genügt es, wenn 5 Prozent der Stimmberechtigten unterschreiben (§ 25 SächsGemO). In Brandenburg müssen mindestens 10 Prozent der Stimmberechtigten unterschreiben (§ 15 BbgKVerf).
Sollte Dein Bürgerbegehren erfolgreich sein und Deine politische Vertretung das Bürgerbegehren nicht übernehmen, kommt es zum Bürgerentscheid. Dann treten alle Bürgerinnen und Bürger an die Stelle z. B. des Gemeinderats und fassen einen rechtsgültigen Beschluss, der den gleichen Wert hat wie ein Gemeinderatsbeschluss. Der Gemeinderat, die Stadtverordnetenversammlung oder der Kreistag kann dabei einen eigenen Vorschlag mit zur Abstimmung stellen.
Der zur Abstimmung gestellte Vorschlag ist angenommen, wenn er die Mehrheit der gültigen Stimmen erhält und gleichzeitig eine Mindestzahl von Stimmberechtigten für diesen Vorschlag stimmt (“Zustimmungsquorum”). In Brandenburg und Sachsen liegt dieses Zustimmungsquorum bei 25 Prozent der Stimmberechtigten, in Thüringen ist es gestaffelt nach Gemeindegröße und zwischen 10 und 20 Prozent hoch. Wird das Zustimmungsquorum nicht erreicht, ist der Bürgerentscheid aus rechtlicher Sicht gescheitert.
Wichtig: Ein Bürgerentscheid ist nicht zu jeder Frage zulässig. Einige Themen sind ausgeschlossen. Über Themen, für die die Kommune nicht zuständig ist wie etwa Verteidigungspolitik kann ebenfalls nicht abgestimmt werden.
Du hast Fragen zu diesen Instrumenten der Mitsprache und Mitbestimmung? Mehr Demokratie e.V. hat sich seit viele Jahren auf direkte Demokratie, Beteiligung, Wahlrecht und Transparenz spezialisiert und kann Dir vielleicht weiterhelfen: https://www.mehr-demokratie.de/beratung/buergerbegehren. Bei weiteren Fragen rund um das Thema, konkaktiere uns doch gern unter [email protected]