Interviews sind Stresssituationen. Selbst Profis haben häufig noch Lampenfieber, bevor sie in Talkshows auftreten. Dabei geht jede*r verschieden mit diesen Situationen um. Manche zeigen mehr Emotionen, andere weniger. Manche antworten bestimmt, andere suchen den Dialog. Was sich für euch richtig anfühlt, werdet ihr mit der Zeit feststellen. Macht euch aber erstmal keinen Druck, einem Idealtyp entsprechen zu müssen - den gibt es nicht. Wichtig ist, dass ihr souverän auftretet und euch in eurer Botschaft klar seid.
Damit sind wir auch gleich beim ersten Thema: eure Botschaft. Über diese solltet ihr euch unbedingt vorab Gedanken machen. Was sollen die Menschen von euch in Erinnerung behalten? Daran knüpfen sich meist ein paar (argumentative) Punkte an, die ihr dann wiederum im Gespräch verwenden werdet. Das Ziel wird es sein, eure Punkte im Sinne eurer Botschaft rüberzubringen. Jede Frage wird zur Chance, eure Botschaft stark zu machen.
In diesem Sinne beginnt der Weg zum erfolgreichen Auftritt bereits mit der Vorbereitung. Schafft euch Klarheit über eure Botschaft und Argumente und tragt Zahlen und Fakten zusammen, die diese unterstützen. Luisa Neubauer etwa sagt, dass sie, bevor sie in eine Talkshow geht, mit etwa 10 Expert*innen spricht und sich Input geben lässt. Das heißt nicht, dass sie selbst keine Ahnung hat, sondern dass sie das Thema und Format ernst nimmt und an einem fruchtbaren Austausch interessiert ist. Auch hilft es, eure Argumente vorab mit Freund*innen oder Kolleg*innen zu üben. Häufig fallen dabei noch letzte Ungereimtheiten auf.
Im Interview oder der Diskussion selbst setzt sich das grundsätzliche Schema dann meist aus Frage und Antwort zusammen. Für euch wird es darum gehen, geschickt zwischen den Fragen und eurer Botschaft zu navigieren. Dazu gibt es einige Tipps und Tricks.
Kurze Antwort, dann eure Punkte
Zum Beispiel könnt ihr eine kurze Antwort auf eine Frage geben, dann aber zu euren eigenen Punkten überleiten. So könnt ihr den Gesprächsverlauf kontrollieren, müsst aber darauf achten, nicht zu sehr abzuschweifen (ansonsten kann es respektlos werden). Die Kunst ist es, eure Punkte immerzu zu wiederholen aber nicht repetitiv zu wirken.
Eigene Erfahrung
Alternativ könnt ihr eure Antwort mit einer eigenen Geschichte oder Erfahrung beginnen, an der ihr eure Botschaft festmacht. So stellt ihr persönlichen Bezug zum Thema her, was euch authentischer macht. Je mehr ihr Emotionen ansprechen könnt, desto mehr werdet ihr auch skeptische Zuhörer*innen mitnehmen.
Eingangsstatement
Auch ein Eingangsstatement kann helfen, z.B. “Wer A sagt, muss auch B sagen”. Das könnt ihr als These nutzen, die ihr dann im Folgenden begründet.
Was werdet ihr sagen, was habt ihr gesagt
Grundsätzlich ist es hilfreich, anfangs zu erwähnen, was ihr erzählen wollt und am Ende nochmal zu wiederholen, was ihr gerade erzählt habt. So können euch die Zuhörer*innen folgen und ihr bestimmt, was davon hängen bleibt.
Atmen statt Ähm
Des Weiteren gibt es einige stilistische Dinge, die ihr beachten solltet. Füllwörter wie “uhm oder “also” solltet ihr beispielsweise vermeiden. Wenn ihr merkt, dass ihr diese ab und zu benutzt, versucht stattdessen zu atmen. So macht ihr euch stärker in eurer Präsenz und gebt eurem Kopf Ruhe zum Denken.
Körpersprache: freundlich und entspannt
Versucht auch, stets freundlich und souverän zu bleiben und den Blick direkt zu den Zuschauer*innen zu richten. Sie sind es, die ihr überzeugen wollt. Gesichtsausdrücke und Körpersprache spielen dabei eine wichtige Rolle. Je entspannter ihr wirkt, desto mehr könnt ihr die Leute mitnehmen.
Zügelt euer Tempo
Weiterhin solltet ihr auf euer Tempo achten. Langsamere Stimmen wirken häufig klarer. Gerade wenn ihr merkt, dass euch die Leute nicht gut zuhören, könnt ihr euer Sprechen verlangsamen und so nochmal Anstoß zur Aufmerksamkeit geben.
Eine Besonderheit, die euch bei öffentlichen Auftritten begegnen kann, sind Zwischenrufe und unangenehme Nachfragen. Diese können mitunter Stress verursachen und auch mal mit euren Aggressionen spielen. Damit müsst ihr umgehen können.
Zuerst einmal gilt: wenn jemand aggressiv wird, niemals auch so antworten! Ihr habt die Kontrolle, ihr müsst der*die Klügere*r sein. So bleibt die Sympathie bei euch.
Gleichzeitig solltet ihr nicht abschätzig werden und Kommentare auch nicht einfach ignorieren. Es sollte nicht so wirken, als wäre es euch egal, was die Anderen sagen. Freundlichkeit hilft, ihr solltet aber auch ein wenig Übung darin entwickeln, Kommentare gezielt in euer Sprechen mit einzubeziehen. Lernt, sachlich und ruhig auf die Punkte eurer Gegenüber einzugehen - mal mehr, mal weniger bestimmt.
“Ich werde mir Ihre Fragen notieren”
Zudem gibt es einige Tricks, falls ihr euch mal von Fragen und Zwischenrufen überrumpelt fühlt. “Ich will ihre Fragen beantworten, ich werde sie mir notieren” ist ein solches Beispiel. Mit diesem Satz verschafft ihr euch Raum, ungestört zu sprechen und ihr gebt den Menschen trotzdem das Gefühl, ihre Fragen und Anmerkungen anzuerkennen.
“Am Ende gebe ich Zeit für Fragen”
Alternativ könnt ihr bereits am Anfang sagen, dass ihr am Ende Zeit gebt für Fragen. Dabei macht es sich auch gut, um Verständnis zu bitten. Bei persönlichen Bitten fühlen sich die Leute häufig ein wenig verpflichtet. So könnt ihr die schlimmsten Kommentare abwenden.
“Ich möchte noch einmal auf meine Grundaussage zurückkommen”
Als dritte Möglichkeit, wenn euch das Gespräch mal ein wenig abhanden gekommen ist, könnt ihr auch ankündigen, nochmal auf eure Grundaussage zurückzukommen oder zusammenzufassen, was bisher gesagt wurde. In beiden Fällen hören euch eure Gegenüber tendenziell erstmal wieder zu.
1 - Atmen: Ein- und Ausatmen!
Ein- und Ausatmen beruhigt euer Gehirn und versorgt es mit Sauerstoff. Das merkt keiner und es gibt euch Zeit zum Nachdenken . Wichtig: vergesst nach dem Ein- das Ausatmen nicht.
2 - Kompliment: Ehrlich und freundlich
“Gut, dass Sie das ansprechen”. “Gute Frage!”. Solche Komplimente könnt ihr verwenden, um euch ein paar Sekunden zum Nachdenken zu verschaffen. Bleibt dabei aber ehrlich - die Leute merken es, wenn ihr heuchelt. Auch können Komplimente die Atmosphäre verbessern. Ihr zeigt, dass ihr die Leute ernst nehmt und behaltet gleichzeitig die Kontrolle über das Gespräch.
3 - Wiederholen: Die Frage oder Äußerung in deinen eigenen Worten wiedergeben
Sätze wie “wenn ich richtig verstanden habe, möchte sie… wissen” geben euch Gelegenheit, Punkte in der Frage zu finden, die euch bei der Antwort helfen könnten.
4 - Umformulieren/Reframing: Den Inhalt umschichten
Auch könnt ihr durch Wiederholung der Frage gezielt den Inhalt umformulieren. Das erlaubt es euch, das Thema für euch zu nutzen, erfordert allerdings auch viel Feingefühl.
5 - Rückkehr: Später, nach der Veranstaltung (oder nie…)
Wenn ihr wirklich keine Antwort bereit habt, könnt ihr sagen, dass ihr später auf die Frage zurückkommt. So wahrt ihr eure Haltung. Auch könnt ihr eine Frage erstmal zugunsten einer anderen umgehen: “Ich möchte erst einmal diese Fragen beantworten”. Beides solltet ihr allerdings nur machen, wenn ihr das Gefühl habt, dass euch im Laufe des Gesprächs tatsächlich noch eine Antwort einfallen könnte. Andernfalls könnt ihr auch versprechen, die erfragten Informationen nachzuliefern. Das wirkt nicht sonderlich souverän, ihr behaltet aber die Kontrolle über das Gespräch.
6 - Grenzen setzen: Freundlich aber bestimmt
Wenn ihr mal wirklich keine Antwort auf eine Frage habt und diese auch nicht nachliefern könnt, könnt ihr das “heutige Thema” explizit eingrenzen. Ihr seid die Sprecher*innen, ihr entscheidet, über was ihr sprecht! Dabei ist es auch in Ordnung, wenn ihr eingesteht, dass ihr euch in ein bestimmtes Thema noch nicht eingelesen habt. Von da aus könnt ihr überleiten in einen Bereich, in dem ihr euch besser auskennt.
7 - Kontrolle: Nie vergessen, wer sie hat!
Zu guter letzt noch einmal die Erinnerung: ihr habt die Kontrolle, gebt sie niemals aus der Hand! Besinnt euch im Zweifel darauf zurück, dass ihr entscheidet, zu welchem Thema ihr euch wie äußert. Das ist nicht ganz einfach, man kann es aber lernen. Hier heißt es: üben, üben, üben!
All diese Tipps mögen zunächst ein wenig befremdlich wirken. Womöglich werdet ihr bei der nächsten Talkshow, die ihr seht, allen Teilnehmer*innen unterstellen, das Gespräch bewusst zu manipulieren. Ganz so vertrackt ist es natürlich nicht. Am Ende gehört immer auch ein großer Teil Intuition und Empathie dazu. Inwiefern ihr die aufgeführten Methoden umsetzt, bleibt euch überlassen.
Gerade am Anfang sind Interviews oder Podiumsdiskussionen jedoch meist mit viel Lampenfieber verbunden. Da kann es helfen, wenn ihr euch zumindest gut vorbereitet fühlt. Mit der Zeit werdet ihr dann ohnehin euren eigenen Sprechstil entwickeln, da rücken diese Methoden womöglich in den Hintergrund. Betrachtet sie also einfach als Erleichterung des Einstiegs.
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