In einer Demokratie sind Wahlkämpfe ein zentraler Prozess der Meinungs- und Willensbildung. Das Wahlkampfgeschehen steigert politisches Interesse und trägt dazu bei, dass sich Bürgerinnen und Bürger mit personellen und inhaltlichen Alternativen auseinandersetzen. Wer sich als Alternative mit ins Rennen schicken möchte, muss Bürgerinnen und Bürger entsprechend erreichen. Dazu braucht es mediale Aufmerksamkeit.
Die ist hochrangigen Politiker*innen oder einflussreichen Organisationen zumeist recht selbstverständlich beschert. Für Neulinge ist es harte Arbeit, überhaupt mal in den lokalen Nachrichten erwähnt zu werden, geschweige denn in nationalen Blättern einen Artikel zu landen. Um euch die ersten Schritten zu vereinfachen, haben wir im Folgenden das wichtigste zur deutschen Medienlandschaft sowie zur Auswahl und Kontaktaufnahme mit Journalist*innen zusammengetragen.
Wenn ihr bereits in der Lage seid, eure Kapazitäten etwas langfristiger anzulegen, macht es Sinn, auf einen Presseverteiler hinzuarbeiten. Das ist eine Art Adressbuch, in dem ihr bei jeder neuen Aktion schnell nachsehen könnt, welchen Medien und Journalist*innen ihr eure Nachricht zusenden könnt. Wie ihr einen Presseverteiler aufbaut, hat Kreativismus anschaulich dargestellt. Hier das wichtigste in Kürze:
Zuerst solltet ihr euch über Bezugsgruppen Gedanken machen. Überlegt, welche Menschen ihr erreichen möchtet (z.B. andere Aktivist*innen, normale Bürger*innen, Fachleute) und welche Art von Informationen ihr mitzuteilen habt (Aktionsbericht, Rechercheergbenisse, Positionierung).
Auf dieser Basis gilt es festzustellen, welche Medien (z.B. Radio, TV, Zeitschrift, Magazin, Fanzine) und welcher Kontext (lokal, regional, online, themenspezifisch) für euch relevant sind. Dazu haben wir euch unten eine Übersicht über die deutsche Medienlandschaft sowie eine ausführlichere Anleitung zur Suche nach passenden Medien zusammengestellt.
Im dritten Schritt recherchiert ihr die Kontaktdaten der Medien und Journalist*innen, die ihr euch ausgesucht habt. Sucht den*die Redakteur*in oder Journalist*in der Ressorts, die euer Thema behandeln. Die entsprechenden Adressen findet ihr meist auf der Homepage oder per Anruf beim Hauptsitz. Falls ihr bei beidem keinen Erfolg habt, lohnt es sich dennoch, an die allgemeine Redaktionsmail zu schreiben (i.d.R. [email protected]). Bestenfalls wird die E-Mail von dort an die entsprechenden Personen weitergeleitet und diese melden sich dann über deren persönliche E-Mail-Adresse bei euch zurück.
Als viertes solltet ihr das tatsächliche Verzeichnis anlegen. Excel bietet sich hierzu an. Eure Spalten könntet ihr so einteilen:
Am Ende solltet ihr noch daran denken, euren Presseverteiler regelmäßig zu aktualisieren. Besonders bei wichtigen Mitteilungen solltet ihr vorab noch einmal prüfen, ob eure Adressaten und deren Positionen weiterhin stimmen.
Bei Printmedien wird vor allem in regionale und überregionale Zeitschriften unterschieden. Berichte in lokalen Tageszeitungen fallen eher lokal aus. In großen Nachrichtenmagazinen stehen Geschichten, die deutschlandweit von Interesse sind.
Weiterhin erscheinen Printmedien in unterschiedlicher Taktung. DIE ZEIT beispielsweise ist eine überregionale Wochenzeitung. Sie hat ein seriöses Image, Inhalte gelten als unbestritten und wahr und strahlen entsprechend ab. Das liegt u.a. daran, dass Journalist*innen bei solch wöchentlich erscheinenden Formaten viel Zeit haben, um zu recherchieren und ihre Artikel zusammenzustellen. Dementsprechend hoch ist leider auch die Konkurrenz, hier eigene Themen zu platzieren.
Bei landesweit verbreiteten Tageszeitungen ist es bereits einfacher, eigene Informationen unterzubringen. Diese erscheinen (werk)täglich und müssen ihre Zeilen füllen. Beispiele sind die SZ, FAZ, Welt, FR oder die taz.
Von Vorteil ist es weiterhin, wenn solche überregionalen Tageszeitungen für bestimmte Regionen eigene Regionalausgaben drucken. So hat eine Geschichte mit zunächst regionalem Bezug bessere Chancen, im Regionalteil zu landen.
Überregionale Magazine gibt es beispielsweise von stern, Focus oder Spiegel. Diese verstehen sich als Illustrierte, sie verwenden eine Kombination aus Unterhaltung, Bildern und Nachrichten. Hier landen vor allem große, medienwirksame Geschichten, die sich gut bebildern lassen. Je mehr Prominenz der Name oder das Unternehmen, je skandalträchtiger die Geschichte, desto höher die Chancen.
Zu guter Letzt gibt es noch die regionalen Wochen- und Tageszeitungen. Diese haben von Region zu Region ein höchst unterschiedliches Profil, in Großstädten sind es auch mal mehrere. Zur Grundorientierung lohnt sich ein Blick auf drehscheibe.org sowie auf den Zeitungsatlas.
Beim Fernsehen wird zwischen dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) und den privaten Sendern unterschieden. Der ÖRR hat einen Programmauftrag, der sich nicht ausschließlich nach Einschaltquoten bemisst. Private Sender hingegen suchen nach Inhalten, die genügend Werbekund*innen anziehen. Hier gilt: nur was Quote macht, bringt Kasse.
Im Fernsehen sind die Formate vielseitig und häufig auf Unterhaltung ausgelegt. Politische Nachrichtenmagazine gibt es jedoch auch reichlich. Beim ARD sind das u.a. Panorama (NDR), Monitor (WDR), Kontraste (SFB), Fakt (MDR), Report (SWR, BR). Beim ZDF sind das frontal21, Reporter und ZDF Zoom.
Beim ARD haben die Sender zusätzlich eine landesweite Nachrichtensendung, die vor der Tagesschau im dritten Programm läuft. Einige betreiben zudem Regionalstudios, in denen Journalist*innen Nachrichten aus ihrem Einzugsgebiet recherchieren und produzieren.
Lokalradios gibt es in fast allen Bundesländern. Diese haben häufig, wie der Name schon sagt, einen sehr lokalen Bezug. Im Vergleich zu Online- und Printmedien erzielen Nachrichten eine wesentlich weniger nachhaltige Wirkung, sie erreichen die Menschen aber sehr nah in ihrem Alltag. Zudem können Beiträge im Radio auch kurzfristig eingespielt werden, was diese für dringende Themen attraktiv macht. Inhaltlich senden Radios eher kurze, pointierte Nachrichten, die einfach zu kommunizieren sind und ggf. durch kurze O-Töne untermauert werden können.
Online-Redaktionen sind bei vielen Medien völlig unabhängig von der (Print-)Redaktion. Das gilt z.B. für den Spiegel, Focus, stern, DIE ZEIT oder die WAZ. Sie sind ihrer Printversion zeitlich voraus, veröffentlichen insofern neben recherchierten Beiträgen auch Schlagzeilen ohne viel Text. Hier spielen Überschriften eine zentrale Rolle, da Beiträge zumeist nicht nur mit anderen Beiträgen in der gleichen Zeitung, sondern grundsätzlich mit den Online-Versionen anderer Medien konkurrieren. Weiterhin ist das Internet zeitlich schneller getaktet, Leser*innen tendieren somit eher zum Überfliegen. Das macht Schlagwörter und -sätze entscheidend.
Grundsätzlich ist es sinnvoll, sich erstmal zu überlegen, wie die eigene Geschichte aussehen könnte und dann zu vergleichen, wo sie am besten hinpassen würde (oder wo bereits ähnliche Geschichten gelaufen sind). Dabei solltet ihr die Spielregeln der einzelnen Medien berücksichtigen und nicht so sehr auf euren eigenen Wünschen beharren.
Beim Fernsehen etwa muss sich das Thema auch in Bildern erzählen lassen. Zudem braucht ein Beitrag O-Töne, d.h. Interviews oder Statements von Personen, die bereit sind, vor die Kamera zu treten.
Printmedien sind da unabhängiger. Sie können auch kompliziertere Zusammenhänge darlegen, ohne dabei auf Interviews o.ä. angewiesen zu sein. Ihrerseits sind sie jedoch meist stärker an einen Redaktionsschluss gebunden. Hier ist der Zeitpunkt eurer Kontaktaufnahme entscheidend.
Was die Wirkung anbelangt, so vermittelt Fernsehen tendenziell erfolgreicher Charaktereigenschaften einer Person. Printmedien stehen für mehr Sachkompetenz. Auch das kann eure Entscheidung beeinflussen.
Ansonsten ist beim Fernsehen auch die Reichweite in der Regel größer. Printmedien hingegen erzeugen mit ihren informationsbasierten Berichten eine nachhaltigere Wirkung.
Diese Unterschiede sollten euch bei einer ersten Einordnung helfen. Ferner solltet ihr euch Gedanken machen, ob ihr euch auf regionale oder überregionale Medien fokussiert. Deren verschiedene Charakteristika haben wir in unserer Übersicht über die deutsche Medienlandschaft erläutert.
Grundsätzlich gehen lokale Medien (bspw. Bezirksblättchen, Lokalzeitungen, Gratiszeitungen) eher auf euer Thema ein als bundesweite Zeitungen wie die FAZ, DIE ZEIT oder die BILD. Besonders unter “lokale Veranstaltungen” gibt es manchmal einfach nicht so viel zu berichten. Da freuen sich die zuständigen Journalist*innen, wenn ihr ein wenig Brisanz mitbringt.
Das gilt auch für Lokalradios. Zu diesen lohnt es sich, bereits früh einen guten Draht aufzubauen und sie regelmäßig mit kurzen, pointierten Nachrichten oder O-Tönen zu versorgen. Sie erreichen meist eine sehr breite Vielfalt der lokalen Gesellschaft und bringen euch sehr nah an den Alltag der Menschen.
Final gibt es noch Mitglieder*innenzeitungen und -newsletter sowie Vereinsblätter. Diese lohnt es sich ebenfalls zu bespielen. Sie werden sehr stark wahrgenommen, häufig mehr noch als Lokalzeitungen. Natürlich solltet ihr hier gezielt solche wählen, die auch an euren Themen interessiert sind. Inhaltlich könnt ihr eure Nachricht an das Profil der Organisation anpassen. Ein Bild und Zitate machen sich ebenfalls gut.
Für den politischen Wahlkampf spielt zudem der ÖRR eine besondere Rolle. Dieser ist gesetzlich dazu verpflichtet, den Parteien im Wahlkampf Sendezeit zur Verfügung zu stellen, in der sie mithilfe eigener Spots für sich werben können. Auf den Inhalt dieser Spots hat der ÖRR wiederum keinen Einfluss.
Weiterhin ist bewiesen, dass nahezu alles, was die weitaus meisten Menschen über Politiker*innen zu wissen glauben auf Gesprächen und Darstellungen in den Massenmedien beruht. Dabei verändern sich Einstellungen leichter zum Negativen als zum Positiven.
Die entscheidende Wirkung der Massenmedien liegt in der Bestätigung des gesellschaftlichen Status quo. Die entscheidende Wirkungsform ist das Agenda-setting. Was in den Medien nicht präsent ist, kann kaum wirken. Gerade für politische Inhalte hilft es also, sich an dem bestehenden öffentlichen Diskurs zu orientieren. Zudem profitiert ihr davon, besonders die Themen zu bespielen, bei denen eure Partei oder Organisation einen Vertrauensvorsprung in der Öffentlichkeit genießt.
Mithilfe dieser Einordnungen sowie euren eigenen Gedanken zum Thema solltet ihr versuchen, eine kleine Liste anzufertigen, auf der ihr die für euch interessanten Medien sammelt. In einem zweiten Schritt könnt ihr diese Liste stärker unter die Lupe nehmen. Ihr könnt euch bspw. ansehen, wie die Medien in der Vergangenheit zu euren Themen oder eurer Organisation berichtet haben. Versucht es einfach mal mit einer Google-Suche mit euren Schlagwörtern und dem Titel des Medium (kl. Tipp: alles, was ihr in der Suchzeile in Gänsefüßchen einfasst, versteht Google als “muss enthalten sein”). Die Ergebnisse lohnt es sich festzuhalten, ggf. sogar in eurem Presseverteiler. Das hilft euch später zu entscheiden, auf welche Informationen ihr euch in eurem Anschreiben fokussiert.
Mittlerweile korrespondieren die meisten Journalist*innen über E-Mail. Wenn ihr bereits eine*n für euch relevante*n Journalist*in gefunden habt, genügt meist ein Anruf beim Hauptsitz seiner*ihrer Medienanstalt, um seine*ihre Kontaktdaten in Erfahrung zu bringen. Ansonsten könnt ihr euch dort auch informieren, welche Redaktion für euer Thema zuständig ist. Dabei ist es wichtig, nach dem Namen einer*eines konkreten Redakteurs*in zu fragen, da ihr diesen hinterher für euer Anschreiben braucht. Gleiches gilt, wenn ihr Kontakt zu einem Regionalstudio sucht.
Bevor ihr euch dann an euer Anschreiben macht, solltet ihr euch noch Gedanken über den Zeitpunkt machen. Journalist*innen stehen in der Regel unter permanentem Zeitdruck. Wenn ihr etwas platzieren wollt, ist das Timing entscheidend. Seht nach, wann euer*eure Adressat*in Redaktionsschluss hat. Bei wöchentlichen Ausgaben läuft die Produktion meist einen Tag vor Redaktionsschluss auf Hochtouren. Dort solltet ihr euch bereits einen Tag früher melden. Bei Tageszeitungen gilt: morgens ist besser als nachmittags, ist besser als spätnachmittags, ist besser als…
Nun kommen wir zu eurem Anschreiben. Hier solltet ihr eine klare inhaltliche Skizze liefern, dabei 1 Seite nicht überschreiten und es vor allem bei reinen Fakten belassen. Bewertungen sind Aufgabe der Journalist*innen, es sei denn, ihr verwendet ein Zitat. Zitate sind grundsätzlich empfehlenswert, für viele Journalist*innen sogar unabdingbar. Ihr solltet jedoch darauf achten, dass ihr auch Namen und Position der zitierten Person mitliefert und ggf. sogar die Möglichkeit eines Interviews einräumt.
Die folgenden Fragen sollten sich in eurem Anschreiben klären:
Wenn ihr einer konkreten Organisation angehört, die nicht unbedingt allgemein bekannt ist, könnt ihr auch dazu noch eine kurze Beschreibung hinzufügen. Diese sollte nicht länger als 2-3 Sätze sein und ggf. eine Einordnung der gelieferten Informationen in den Kontext eurer übergeordneten Ziele beinhalten.
Darüber hinaus solltet ihr dem*der Journalist*in die Möglichkeit geben, euch zurückzurufen. Dazu sind eure Nummer sowie konkrete Zeitfenster, in denen ihr erreichbar seid, notwendig. Und bereitet euch auch auf den Rückruf vor. Eine*n Journalisten*in hinhalten zu müssen, weil ihr selbst nochmal nachfragen müsst, verringert eure Chancen auf eine Veröffentlichung.
Zu guter Letzt könnt ihr bei weniger akuten Anfragen auch eine Frist einräumen. Bspw. könnt ihr darum bitten, dass sich der*die Journalist*in innerhalb von 7 Tagen bei euch zurückmeldet. Das ist bei der engen Taktung des journalistischen Alltags sowie der natürlichen Zeitlichkeit von Nachrichten üblich. Falls ihr nach 10 Tagen noch keine Antwort erhalten habt, könnt ihr eine Erinnerungsmail senden. Wenn ihr dann immer noch keine Antwort bekommt, könnt ihr den Kontakt in Zukunft vergessen (auch hilfreich!).
Unsere Kandidierenden unterstützen wir als BNB tatkräftig in ihrer Pressearbeit. Dazu greifen wir auf einen bestehenden Presseverteiler zurück, der bislang vorwiegend aus überregionalen Kontakten besteht. Mit jeder neuen Landtagswahl kommen aber auch lokale Kontakte hinzu.
In unserem Verteiler befinden sich zum einen Journalist*innen, mit denen wir noch nie im Kontakt standen, die aber thematisch bzw. aufgrund ihrer Position wichtig sind und die wir deswegen regelmäßig anschreiben. Zum anderen führen wir Journalist*innen, die schon (teil mehrfach) über uns berichtet haben, zu denen wir also ein engeres Verhältnis haben. Sobald wir eine Presseanfrage bekommen, wir diese Person ebenfalls in unseren Verteiler aufgenommen.
Konkret unterstützen wir unsere Kandidierenden, indem wir proaktiv Outreach für sie betreiben (siehe Beispielanschreiben). Dabei können wir die Karte “überparteiliche Initiative unterstützt XY” ausspielen, die bei Journalist*innen zusätzlich ins Gewicht fällt. Darüber hinaus bekommen wir mehr oder weniger regelmäßig Anfragen zu spezifischen Themen, die aber keine*n bestimmte*n Kandidat*in im Sinn haben. Diese können wir je nach Thema gezielt an unsere Kandidierenden “verteilen”.
Dies ist ein Beitrag von Brand New Bundestag. Für mehr Informationen zu dem Thema und Hilfestellungen, wende Dich gern an [email protected] oder besuche https://brandnewbundestag.de/